Urboote Stralsund

Einbaum + Einbaum + Einbau = Keinbaum

 

So addiert man in Mecklenburg-Vorpommern archäologische Funde.

2002 wurden bei Grabungen in Stralsund drei steinzeitliche, rund 7000 Jahre alte Einbäume aus Lindenholz gefunden, geborgen und zur Konservierung nach Schwerin gebracht. Es waren die ältesten erhaltenen Wasserfahrzeuge Europas.

Das Geld für eine Gefriertrockungsanlage wurde bewilligt, aber es gab keinen Platz zur Aufstellung des Gerätes: In den dafür vorgesehenen Räumen lagerte das Finanzamt Schwerin Büromöbel. So verblieben sie in einer provisorischen Lagerhalle, die zwischenzeitlich einstürzte. Vermodert waren sie wohl schon vorher. Kontrolliert hat das niemand.

Erst als die Stralsunder die Boote ausstellen wollten, kam die Katastrophe ans Tageslicht. Selbst die Ostsee-Zeitung (OZ), zumeist in Harmonie mit den jeweils Machthabenden, schrieb:

„Kaum zu glauben: Noch zu Beginn der 90er Jahre kümmerten sich Ehrenamtler aufopferungsvoll um den Erhalt der Kulturschätze in Mecklenburg-Vorpommern. Schon bald jedoch mussten sie „Verwaltungs- und Wissenschaftsprofis“ weichen. Wie der zuvor in Hamburg tätige Professor Friedrich Lüth, von 1992 bis 2006 Leiter des Landesamtes für Bodendenkmalpflege in Schwerin, kamen viele aus dem Westen. Der Osten bot manchem nur durchschnittlichen Forscher eine bis dahin ungeahnte Karrierechance.

Häufig leider ohne Rücksicht auf Verluste, wie der Fall Lüth zeigt. Der 52-Jährige, inzwischen zum Direktor am Deutschen Archäologischen Institut in Frankfurt aufgestiegen, gilt bei seinen Mitarbeitern als „zentralistisch, diktatorisch und autoritär“. Lüth dirigierte alte Funde von Rang aus dem ganzen Land nach Schwerin. Das archäologische Credo, nur das zu bergen, was zeitnah konserviert werden kann, wischte er beiseite. Er pries die steinzeitlichen Einbäume aus Stralsund als Sensationsfund, um sie gleichzeitig sehenden Auges verrotten zu lassen…“ (Jörg Köpke, „Rücksichtslos“ OZ vom 19.3.2009).

Die Anzahl der Leserbriefe in der OZ war bemerkenswert groß und bis auf einen einzigen Leser sehr engagiert:

Einboote wichtiger als blinde Menschen!

Einboote sind verottet unter Aufsicht der Landesregierung und vieler “Experten”.Plötzlich ist sogar das Interesse des Ministerpräsidenten und des OB von Stralsund geweckt und vor Allem das von den Medien. Was für eine Fügung. Nun frage ich diese Leute, wo bitte blieb Ihr Aufschrei bei der Kürzung des Blindengeldes??? Ich glaube, die Menschen haben vor 7000 Jahren besser gelebt, denn sie hatten weder Politiker noch Medien! Zur Kürzung des Blindengeldes sage ich nur pfui Teufel!!!

Klaus-Dieter Reinfeldt aus Stralsund, 11.3.09

Stralsund trägt Trauer?

Ich lach mich kaputt. Fast sieben Jahre kümmert sich keiner und dann ist das Geschrei wieder mal groß. Typisch Stralsund, typisch M/V. Was haben wir Bürger denn davon, wenn diese Einbäume restauriert und ausgestellt werden? Haben wir dadurch auch nur einen Cent mehr in der Tasche? Mir ist es egal, ob diese Boote verrottet sind und ich glaube auch nicht, daß sowas nun der absolute Brüller für die Stadt wäre. Komisch ist auch, daß dafür Geld da wäre, für einen Untersuchungsausschuß in Sachen JVA, aber nicht.

Klaus-Dieter Reinfeldt aus Stralsund, 11.3.09

Vernichter von Kulturgut von Amts wegen

Dr. Friedrich Lüth – dieser Mann ist eindeutig der Hauptverantwortliche für das Debakel. Als die Boote 2002 gefunden wurden und lange danach, als Landesarchäologe Chef der Bodendenkmalpflege in Mecklenburg Vorpommern. Bei der UNO hat er sich mit dem Thema “Schutz des kulturellen Erbes unter Wasser” aufgedrängelt. Als Spezialgebiet wird “Rekonstruktion der historischen Abläufe im westlichen Ostseegebiet 6-4 Jt. vor Christus genannt. Also exakt die Zeit aus der die drei Boote stammten. Sogar das Geld für die Rekonstruktion war bewilligt. Ganz offensichtlich hat er nur auf Kongressen umhergalabert und sein mit Sicherheit wichtigstes Projekt vergammeln lassen. Es ist eine Schande das man seine Titel nicht aberkennen kann (für mich sowieso nur Schall und Rauch) und ihn auch nicht aus allen Ämtern und Positionen jagen wird.Was fehlt eigentlich noch für eine fristlose Kündigung.Hier seine berufliche BiographieDr. Friedrich Lüth studierte Vor- und Frühgeschichte sowie Vorderasiatische Archäologie und Völkerkunde in Saarbrücken und Hamburg und promovierte 1988 mit dem Thema “Salzmünde-Walternienburg-Bernburg. Typologische und chronologische Untersuchungen zum Äneolithikum Mitteldeutschlands”. Ab 1988 arbeitete er zunächst als Volontär, von 1990 bis 1992 als Leiter der Abteilung Bodendenkmalpflege am Hamburger Museum für Archäologie. Seit 1992 ist er als Landesarchäologe von Mecklenburg-Vorpommern und Leiter des Landesamtes für Bodendenkmalpflege und des Archäologischen Landesmuseums tätig. Seine berufliche Tätigkeit wird ergänzt durch zahlreiche Mitgliedschaften, so war er u. a. Geschäftsführer und Vorstandsmitglied im Verband der Landesarchäologen in der Bundesrepublik Deutschland e. V., wo er auch als Beauftragter für Europäische Angelegenheiten fungiert, des weiteren ist er Gründungs- und Vorstandsmitglied des Europae Archaeologiae Consilium (EAC). 1999 wurde er von der ständigen Kultusministerkonferenz als deren Vertreter in die Delegation des Auswärtigen Amtes für die Verhandlungen zur UNESCO Charta zum Schutz des kulturellen Erbes unter Wasser benannt. Seit 2004 steht er dem Europarat in Strasbourg in Fragen des Kulturerbe-Managements beratend zur Seite. Neben seiner hauptsächlichen Tätigkeit im Wissenschaftsmanagement war er bei zahlreichen Großprojekten federführend beteiligt. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die DFG-Forschergruppe SINCOS zu nennen, die sich mit der Rekonstruktion der historischen Abläufe im westlichen Ostseegebiet im 6.-4. Jt. v. Chr. befaßt. In diesen frühen Perioden liegen auch die persönlichen Forschungsschwerpunkte von F. Lüth. Künftig ist an eine Ausweitung dieses innovativen Vorhabens SINCOS auf Polen und das Baltikum gedacht. Forschungen zu raumbezogenen Siedlungsmustern der Trichterbecherkultur in Kooperation mit polnischen Kollegen sollen hinzutreten.

Bodo Müller aus Potthagen, 12.3.09

Uralte Seefahrertradition an der deutschen Ostsee

Uralte Seefahrertradition an der deutschen OstseeküsteDie in der Überschrift genannte Seefahrertradition und Geschichte unserer Heimat findet ihre ältesten Beweisstücke in den Stralsunder Einbäumen, einem einzigartigen Zeugnis jahrtausende alter Siedlungs- und Kulturgeschichte. Das ist so nicht oft auf unserer Erde zu finden. Da gibt es noch viel mehr : Die Ralswieker Boote nordischer Bauart, die mit dem arabischen Münzfund Handel auf den Routen der Wikinger mit dem vorderen Orient bezeugen. Dr. Wolfgang Rudolph beschreibt in seinem Buch “Die Insel der Schiffer”, erschienen 1962 im VEB Hinstorff Verlag Rostock, weitere bis dahin bekannte Teile unserer großartigen Geschichte der maritimen Kultur und Wirtschaft.Diese findet leider keinen würdigen zentralen Museums- und Inspirationsplatz in Vorpommern und auch keine würdige Behandlung und Anerkennung durch die Landespolitiker, wie die zerstörten Stralsunder Einbäume es bezeugen. Dieser Schlendrian ist doch unheimlich !Nur wer seine Geschichte ganz kennt, der kennt auch seinen und den erfolgreichen Weg in die Zukunft !Stralsund ist mit Rügen und Vorpommern ein zusammengehöriger Raum mit einer uralten erfolgreichen Seefahrertradition, auf der sich sehr gut aufbauen läßt. Alle Fundstücke wissenschaftlich gesichert und begleitet an einer aussagekräftigen Ausstellungsstelle würden zigtausende Besucher anlocken und auch noch Geschichte und Kultur vermitteln. Das schafft auch Selbstbewußtsein und gemeinsame Kraft !

Matthias Laack aus Stralsund, 12.3.09

Fall der verrotteten Stralsunder Einbäume

Es ist unmöglich, hier nicht an eine Absicht zu denken!Derart sensationelle Funde verkommen nicht zufällig – wäre es so, müßte der Verantwortliche schon früher mit der gröbsten Inkompetenz aufgefallen sein!Nein, hier hat jemand ganz bewußt Zeugnisse unserer eigenen Vorfahren durch Untätigkeit vernichtet, eine reizvolle und verdienstvolle Aufgabe für die angeblich so investigativen und nur der Wahrheit verpflichteten Medien, hier den Verursacher zu finden. Diese Suche dürfte aber im Stralsunder Klüngel ebenso untergehen, wie das Herausfinden der Stadtarchiv-Unglücksursache in Köln der köl’sch Klüngel, wo er seine begriffliche Heimat hat, dies dort verhindert!Sehr schade – und dem Bürger ein weiterer Beleg dafür, daß sich die Verhältnisse zwischen Sizilien oder irgendwelchen doch so verachteten Bananenrepubliken und D. immer einebnet! Wir haben – bei allen Göttern – keinen Grund mehr, überheblich die Nase über diese zu rümpfen!

Volker Campe aus Potsdam, 13.3.09

Steinzeitboote Stralsund

Da; wo Profit und Geltungssucht regieren, ist für Kultur uä. auch kein Platz. Wahrscheinlich haben die Politiker, die jetzt am meisten diesen großen Verlust beklagen, genau die Gelder im Haushalt für Kultur gestrichen, der notwendig gewesen wäre, diese Boote vernünftig zu lagern und zu konservieren. Heucheleien und intrigente Lügen sind nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Politik gang und gebe.

Steffen Haucke aus Kiel, 14.3.09

Herr Lüth ließ die drei Steinzeitboote verrotten !

Nein Herr Lüth, Sie und nur Sie allein tragen die Haupt-Verantwortung dafür. Ich möchte jetzt meinen Artikel”Vernichter von Kulturgut von Amts wegen” vom 12.03.2009 nicht wiederholen, wo erläutert wird, das diese Boote in Ihre von Ihnen angegebenen Forschungsgebiete passen wie die Faust auf A….Haben Sie aber zu keinem Zeitpunkt interessiert, die weltweit einmaligen Einbäume.Die von Ihnen angesprochene Vorkonservierung hat es nie gegeben. Es ist nur so, dass die Boote sachgerecht geborgen wurden (inklusive umgebende Sedimente) feucht gehalten (mit Folie umwickelt) und im bestmöglichen Zustand an Sie übergeben wurden.Und Sie haben dann vier Jahre nichts getan. Zwei Jahre bis 2004 haben Sie nichts unternommen. Auch bis 2006, da waren Sie noch immer oberster Boden-Denkmalpfleger in Mecklenburg Vorpommern, haben Sie offensichtlich keinen Finger krumm gemacht.In den dafür vorgesehenen Räumen haben Finanzamtsmöbel gelagert? Und das war’s dann, mehr ging einfach nicht? Sie Oberbürokrat!!!Haben Sie auch nur einen Versuch unternommen? Nein! Geld? War sogar bewilligt! Ihre ganze Rechtfertigung “Doch dazu sei es nicht gekommen, da kein Platz zum Aufstellen des Gerätes bereitgestellt worden sei. “Das ist Bürokraten-Politiker-Phrasengewäsch. In der freien Wirtschaft hätten Sie als Angestellter allein für so eine Antwort den Hut nehmen dürfen.Wie geht “Dazu kommen” und wer ist “worden sei”? Worthülsen um abzulenken vom “Ich habe nichts, aber auch gar nicht unternommen, um die mir übertragene Aufgabe zu lösen!Nichts kommt von allein irgenwie dazu, es sei denn man löst die Aufgabe die einem übertragen und hoch bezahlt wurde.Keine Räume? Haben Sie mal eine unserer Werften gefragt, ob die als Sponsor mithelfen geeignete Räume zu finden? Alle Werften hatten damals extrem gute Auftragslagen. Ich bin mir sicher, dass selbst wenn man Ihnen keinen Penny bewilligt hätte, jeder Interessierte mit ein bisschen Willen und Kreativität Lösungen gefunden hätten.Jeder echte Forscher und Wissenschaftler, der die Gebiete bearbeitet die Sie als Ihre Fachgebiete angeben, hätte neben den Booten geschlafen bis diese konserviert und sicher vor Vandalismus in Museen (eines zumindest im Meeresmuseum Stralsund selbstverständlich) untergebracht sind.Der einzige der Anklage erhoben hat ist ein Nachfahre Heinrich Schliemanns. Wo ist der wütende Aufschrei der Fachwelt?Wo sind die Direktoren der Museen, Wissenschaftler? Ich höre auch nichts von den Greifswalder Bodendenkmalpflegern.Wenn das nächste Mal auf irgendeiner Baustelle jemand von den Bodendenkmalpflege kommt und Baustopp verhängt? Sollte man diese Leute einfach vom Acker jagen? Weil die eh nur alles kaputt machen? Na da werden die dann mit Sicherheit ganz schnell bürokratisch.Gesetze, Verpflichtung Bauherren und Kulturgut wichtig, einmalig ganz wichtig bla bla bla….Meine Herren Archäologen es ist schlimmes passiert. Wer sich schützend vor Herrn Lüth stellt hat seine Reputation weggeworfen.

Bodo Müller aus Potthagen, 17.3.09

So einfach, Herr Lüth?

“Der gesamte Briefwechsel wurde wegen der Brisanz der Angelegenheit stets nachrichtlich an das Bildungs- und Finanzministerium geschickt, die also zu jeder Zeit umfassend informiert waren”, sagte Herr Lüth. Da hat ein braver Beamter ja wirklich schon viel getan. Ein guter Wissenschaftler hingegen hätte sich damit nicht abgefunden, nicht abfinden können – dem Zerfall tatenlos zusehen, weil Möbel des Finanzamtes wichtiger waren.Die Haltung von Herrn Lüth und den Mitverantwortlichen demonstriert die ganze gesellschaftliche Misere dieser Gesellschaft in dieser Zeit.

Günter Hering aus Rostock, 17.3.09

Zornig mach mich der Einbaum-Skandal

Wegen weniger als 2 Euro sind fristlose Kündigungen rechtens. Bäcker müssen sich wegen ein Wenig Konfitüre wieder in Ihren Job zurückklagen. Und hier? Aktives Unterlassen führte zur Vernichtung von Kulturgütern von unschätzbarem Wert und das soll ohne rechtliche Konsequenzen bleiben, obwohl der Steuerzahlen vorsätzlich getäuscht wurde. Ein für mich unerträglicher Sachverhalt.

Andre Meissner aus Stralsund

Minister Tesch und Boots-Aktionismus

Herr Tesch, Sie sind seit 2006 für das ThemaBodendenkmalpflege mitverantwortlich.Ich mache Ihnen keinen Vorwurf das die drei Boote verloren sind. Dass waren diese auch schon 2006. Mehr als ein Aktionsplan ist Ihnen seit 2006 zu diesem Thema aber auch nicht eingefallen. Eine Expertenkomission können Sie sich klemmen. Wenn ich sehe, dass dort wieder einer dieser berühmt berüchtigten UNO-“Experten” mitarbeiten soll, steht das Ergebnis jetzt schon fest. Keiner konnte was tun, Schuld sind die “Umstände”. Auf gar keinen Fall der “hochgeschätze”, “verdienst-volle” Kollege Herr Lüth.Oder sagen Sie mir wie man ausgerechnet Kollegen von Herrn Lüth vertrauen und dafür einsetzen sollte.Bringen Sie den Fall vor ein ordentliches Gericht.Die können dann ja die “Experten” befregen.Und auch echte Könner, welche die Fundstücke geborgen haben.

Bodo Müller aus Potthagen, 18.3.09

Einbaumzerfall – Skandal der Politik

Das Faktum der Zerstörung uralter Einbaum-Funde sorgt bundesweit für Unverständnis. Wer verstände dies nicht?! Das mögliche Versagen der Verantwortlichen im Landesamt muß akribisch aufgearbeitet und die Verantwortlichen dort benannt und zur Rechenschaft gezogen werden. Es darf freilich bei der Aufarbeitung der Affäre nicht zur Vernachlässigung einer weiteren Frage kommen: Wer hat politisch versagt und trägt insofern die Hauptverantwortung? Wenn es richtig ist, daß das Landesamt bereits 2002 und nachfolgend eindringlich auf den Zerfall hingewiesen hat, daß selbst der Minister Peter Kaufhold sich 2002 besorgt deswegen nach Stralsund gewandt haben soll, dann wird es in der Tat zur Posse. Denn es wäre doch Aufgabe des Bildungsministeriums und hier seines Ministers gewesen, dafür zu sorgen, daß dieser “akuten Gefährdung der Substanz der Einbäume” (so das Zitat aus dem Ministerschreiben) Einhalt geboten wird. Das ist aber nicht geschehen. Warum? Weil es an Mitteln fehlte? Das ist die gebetsmühlenartig vorgetragene Ausrede! Es wird dabei nur übersehen, daß Politik stets Geld für das hat, was Politik will! Man denke an den Millionen-Zaun in Heiligendamm! Der Einbaumzerfall ist so nur ein sichtbar gewordenes Merkmal einer kurzfristigen, auf “Prestige” und “Show” angelegten Politik, die keinen Mangel an öffentliche Gelder kennt. Mag “Uraltes” doch inzwischen zerfallen!

Manfred Matschke aus Greifswald, 19.3.09

Einbaum-Skandal und Archäologie in MV

Ich bleibe dabei – die Archäologie ist in MV ein ungeliebtes und sträflich vernachlässigtes Stiefkind der Kulturpolitik des Landes. Ein Blick auf die Homepage der Behörde verdeutlicht das ganz klar: gehen Sie auf die Seite des Amtes für Kultur und Denkmalpflege, dort auf Archäologie und Denkmlapflege und weiter auf Ansprechpartner. Hier erhalten Sie einen Überblick über die personelle Besetzung des Dezernates für Archäologie, schauen Sie genau hin – Dezernatsleiter: Dr. Detlef Jantzen. Wenn Sie weiter schauen, finden Sie SECHS unbesetzte Planstellen in leitenden Positionen, die alle in VERTRETUNG (N.N.-Stellen) durch Dr. Jantzen ausgeübt werden. Das heißt, sechs wichtige Positionen sind in der Landesarchäologie derzeit nicht besetzt, das nenne ich effektives Arbeiten ;-). Der Grund dafür kann nur das Ziel der politischen Entscheidungsträger zur Kostenersparnis sein, denn ausgebildete Archäologen gibt es in Deutschland mehr als genug und diese Stellen sind nicht zur Besetzung ausgeschrieben. Stellen Sie sich derartige Verhältnisse einmal in der Politik vor: nur der Posten des Ministerpräsidenten ist tatsächlich besetzt – alle Minsiterien werden in Vertretung vom Ministerpräsidenten geführt. Das wäre doch einmal ein Einsparpotential!! Das ist nur ein für alle leicht nachprüfbares Beispiel, wer weiß wie es im Hinblick auf weiteres Personal, Sachmittel und sonstige Einrichtungen aussieht!?Und noch kurz zur Frage ausgraben oder im Boden belassen: Archäologie ist heutzutage fast ausschließlich Notfallarchäologie, d.h., es handelt sich um Rettungsgrabungen aufgrund von Baumaßnahmen und anderen offiziell genehmigten Bodeneingriffen, die zur endgültigen Zerstörung der archäologischen Befunde und Funde im Boden führen. Reine Forschungsgrabungen zur Untersuchung nicht durch solche oder andere Maßnahmen bedrohter Hinterlassenschaften der Vergangenheit sind heute überall die absolute Ausnahme!

Maik Becker aus Kiel, 19.3.09

Streit um Einbaum Expertenkommission

Herr Tesch, es fällt mir schwer zu glauben, dass Sie selbst am Sinn einer Expertenkommision glauben. Die erste Krähe hat bereits bemerkt, dass es hier keine Meriten zu verdienen gibt und hat abgesagt.Die zweite wird derweil öffentlich angegriffen.Zurecht den diese entstammt sogar dem selben Nest.Lassen Sie gefälligst Ihren dümmlichen und teuren Aktionismus und bringen diesen Fall zur Anzeige bei der Staatsanwaltschaft.Es ist nicht ganz zu verstehen, dass diese nicht von sich aus aktiv wird. Oder ist Unterlassung in diesem konkreten Fall etwa nicht strafbegründend?Und Sie Herr Tesch sind für die zivilrechtliche Seite verantwortlich.Lassen Sie sich von Ihrem Rechtsbeistand einmal folgende Punkte erklären und sehen zu, dass man Ihnen nicht demnächstauch Strafvereitelung vorwerfen kann.Punkt 1 zur strafrechtlichen Relevanz”Die modernen Rechtsordnungen sehen das Unterlassen als solches in der Regel noch nicht als haftungs- oder strafbegründend an. Vielmehr muss daneben eine Handlungspflicht treten. Grundlage dafür ist die Ausrichtung auf die Eigenverantwortlichkeit des Individuums. Weiterhin bedarf es einer sog. hypothetischen Kausalität für das Schadensereignis: Kann die (mögliche) Handlung (die nicht sozialadäquat zu sein braucht) nicht hinzugedacht werden, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele, fehlt es schließlich an der Zurechenbarkeit.”Punkt 2 zivilrechtliche Relevanz”Ein Unterlassen kann im Deliktsrecht nur dann eine Schadensersatzpflicht auslösen, wenn für den Täter Verkehrssicherungspflichten bestehen oder einer Garantenstellung als Beschützer- oder Überwachergarant. Andernfalls ist das Unterlassen nicht rechtswidrig.”

Bodo Müller aus Potthagen, 2.4.09

…in Mecklenburg-Vorpommern nichts Neues !!!

Die üblichen öffentlichen “Krokodilstränen” sollen wohl darüber hinwegtäuschen, dass diese unsägliche Schändung und Zerstörung des kulturellen Erbes in MV an der Tagesordnung war und ganz offensichtlich immer noch ist.

…oder ist z.B der nachstehende sog. “Kittendorfer-Appell” an die SPD-Administration des Landes den Lesern der hiesigen OZ etwa nicht bekannt? :

Kittendorfer Appell

Gegen die Zerstörung der Kulturlandschaft von Mecklenburg-Vorpommern

Offener Brief an den Ministerpräsidenten Dr. Harald Ringstorff

Woldzegarten, den 02.September 1999

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!

Am 5. August 1999 ist an einem Tag das über 300 Jahre alte Gutshaus von Kittendorf abgerissen worden. In den Jahren davor war die gesamte Gutsanlage, deren Ursprünge bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen, dem Erdboden gleichgemacht worden. Es waren 12 historische Gebäude von überwiegend gut erhaltener Bausubstanz. Sie standen nicht unter Denkmalschutz oder waren vom Landkreis Demmin für den Abriß daraus entlassen worden.

Wir nehmen diese Zerstörung zum Anlaß, um – zum dritten mal innerhalb von 5 Jahren – an die Landesregierung den Appell zu richten, dem staatlich geförderten Vandalismus in Mecklenburg-Vorpommern Einhalt zu gebieten.

Mecklenburg-Vorpommern ist eines der führenden Urlaubsländer in Deutschland. Die Natur, die Landschaft und das kulturelle Erbe machen das Land für Besucher aus großstädtischen Ballungszentren attraktiv. Dorfkirchen, Alleen und historische Gutsanlagen prägen bis heute den unverwechselbaren Charakter der mecklenburgisch-vorpommerschen Kulturlandschaft.

Es gibt eine große Zahl positiver Bestrebungen zur Sanierung und Nutzung alter ländlicher Bausubstanz, vor allem auch für kulturelle Zwecke. Wir begrüßen die vielfältigen Bemühungen von Landesregierung, Landkreisen und Privatinitiativen zur Pflege des reichen Natur- und Kulturerbes dieses Landes.

Um so betroffenerer sind die Unterzeichner über die fortschreitende Zerstörung ehrwürdiger historischer Gutsanlagen. Kittendorf ist nur ein Beispiel. Bauten und Anlagen, die 40 Jahre DDR – wenn auch in schlechtem Zustand – überlebt haben, werden jetzt aus kurzsichtigem Geschäftsinteresse planmäßig zerstört. Damit wird ein wesentlicher Teil der Identität dieses Landes liquidiert.

Eine Allianz aus TLG, BVVG, Beschäftigungsgesellschaften, Abrißfirmen und möglicherweise dahinterstehenden Immobilienverwertern vergreift sich – wie im Falle Kittendorf – an intakten, aber nicht unter Denkmalschutz stehenden Anlagen und an gefährdeten Gutshäusern, die vor wenigen Jahren noch zu retten gewesen wären wie Basepohl oder Groß Varchow. Drei Untaten der letzten drei Jahre in einem Umkreis von kaum 20 Kilometern!

Was schon vor 4 bis 5 Jahren unter dem Namen “Schandfleckenberäumungsprogramm” bundesweit für negative Schlagzeilen und eindringliche Proteste sorgte (Erklärung von Tellow von 1994/95, Satower Appell 1995), wird nun unter zynischer Bezeichnung “Landesverschönerungsprogramm” mit unverminderter Rücksichtslosigkeit fortgesetzt. Bestürzend ist besonders die Tatsache, daß nicht in erster Linie die LPG-Betonbauten aus der DDR-Zeit beseitigt werden, sondern wertvolle, oft über 200 Jahre alte Anlagen. Was nicht gleich abgerissen wird, wird mutwillig beschädigt, um es alsbald besser begründet abreißen zu können.

Wir fordern Sie, Herr Ministerpräsident, und alle Verantwortlichen des Landes Mecklenburg-Vorpommern auf:

1.
Beenden Sie den Abriß von historischen Bauwerken, die vor 1945 entstanden sind! Auch wenn diese nicht unter Denkmalschutz stehen, sind sie ein unverzichtbarer Bestandteil der historischen Kulturlandschaft des Landes. Legen Sie Ihr Veto ein gegen die Zerstörung dieser Kulturlandschaft!

2.
Sorgen Sie dafür, daß die umfangreichen Mittel und die zahlreichen Arbeitskräfte, die für die Zerstörung mißbraucht werden, statt dessen für die Erhaltung, Sicherung und Reparatur, Inventarisation und Dokumentation historischer Bauwerke und kulturgeschichtlicher Landschaftselemente eingesetzt werden. Sorgen Sie für Aufklärung und Anleitung der beschäftigten Hilfskräfte durch qualifizierte und kulturbewußte Fachleute!

3.
Lassen Sie nicht zu, daß in Ihrer Amtszeit die über Jahrhunderte gewachsene Schönheit des Landes durch kurzsichtige, kommerzielle Interessen kaputt gemacht wird. Beenden Sie den bewußt herbeigeführten Verfall und die staatlich geförderte Zerstörung historischer Gutsanlagen! Fördern Sie deren Erhaltung und Sicherung, Nutzung und Umnutzung!

Wir wiederholen und bekräftigen die Erklärung von Tellow und den Satower Appell: Setzen Sie der Zerstörung ein Ende! Erhalten Sie künftigen Generationen das landschaftliche und kulturelle Erbe von Mecklenburg-Vorpommern! Retten Sie die Kulturlandschaft dieses Landes!

Mit vorzüglicher Hochachtung

Erstunterzeichner:
Dr. Sibylle Berger, Kunsthistorikerin, Venz Hof
Prof. Jörg Boström, Fotograf und Maler, Lansen
Prof. Dr. Detlef Czybulka, Jurist, Rostock
Dr. Lebrecht Jeschke, Dipl.-Biologe, Greifswald
Prof. Dr. Diethart Kerbs, Kulturhistoriker, Lansen
Dr. Hans Dieter Knapp, Dipl.-Biologe, Kasnevitz
Dr. Robert Kreibig, Psychologe, Woldzegarten
Stefan Pulkenat, Gartenarchitekt, Gielow
Sophie Schleußner, Kulturmanagerin, Lansen
Hans Schmalisch, Realschullehrer, Lehsten
Prof. Dr. Michael Succow, Dipl.-Biologe, Greifswald
Ludwig Wegener, Pastor, Groß Varchow

Michael Pfeiffer aus Köln, 22.3.09